Samstag, 6. Juni 2015

Der Mensch ist was

Jemand hat mir erzählt, dass der Flughafen Innsbruck schwierig anzufliegen sei. Das läge an den Bergen, die rundherum zu sehen sind. Ich erinnere mich, dass in Wuppertal das Hotelzimmer vibriert hat, wenn die Schwebebahn vorbeigefahren ist. Hier vibriert alles, wenn ein Flugzeug über das Hotel fliegt, und wenn man beim Fenster steht und nach oben schaut, dann sieht man die ausgefahrenen Fahrwerke der landenden Flugzeuge und deren Lichter vor einem Horizont mit Kirchtürmen und hohen Bergen. Bei den Aufzeichnungen der Vorträge wird man auch den Flugzeugen zuhören können. Manche werden sich sich dazu entscheiden, bei geschlossenen Fenstern zu schwitzen, andere, bei offen zu schwitzen.

Am Abend findet ein großer Empfang statt und griasch di, I kim wohl aus Tirol, sagt mir dort ein Student, der zwar wohl aus Tirol kommt aber in der Schweiz studiert, Theologie, und über das Böse vortragen wird. Wir stehen gemeinsam in der Buffetschlange und ich frage ihn, was das Böse ist und er sagt mir, das Böse ist das, was die größtmögliche Distanz zum Guten hat und alles was es gibt, sind Variationen des Bösen. Die Buffetbedienung fragt, ob wir Lachstörtchen haben möchten oder Schweinefleisch mit Pilzen oder panierte Garnelen oder Schnitzel und wenn, wie viele davon und ich sage, ja gerne und der Theologe schaut entsetzt und bittet um die Spinatlasagne mit etwas Reis.

Ich sage, dass ein anarchistisches Buffet vielleicht besser wäre, oder zumindest schneller und ein Philosoph sagt zu mir, dass das bestimmt Strategie ist, das Hundstrogprinzip. Wenn man gefragt wird, was man essen möchte, ist man höflich, und gibt nicht zu, dass man vier Schnitzel will, sagt höflich, man möchte eines haben oder bittet höflich und zwei und will sich dafür schon entschuldigen.

Eine unbeantwortete Frage ist: Was ist die Methode der Philosophie? Beobachten? Schlussfolgern? Argumentieren? oder was? Man stelle sich vor, dass die Geographen nur noch die Landschaft anschauen, und dass die Verhaltensforscher nur noch Verhalten beobachten, und dass die Informatiker nur noch auf Gadgets tippen. Aber es ist auch so: wer lange genug an der Universität herumgeistert, entwickelt einen methodischen Alltagshabitus. So kann ich (ich schreibe die Geschichte erneut), wenn ich nicht weiß, wo die Konferenz stattfindet, den Leuten nachgehen, die sich irgendwie merkwürdig fortbewegen und leicht unbeholfen versuchen, sich an nichtssagenden Schilden oder Plakaten für beliebige Veranstaltungen und dergleichen zu orientieren. Das ist zuerst amüsant und kann dann langweilig werden, wenn man sich am Abend beim Umtrunk trifft, dort aber nicht miteinander redet, sondern argumentiert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen