Sonntag, 7. Juni 2015

Der Mensch ist was 3

Ich bezahle heute wieder 7,50 Euro für das Frühstück, diesmal aber nur für Kaffee und Joghurtobstmüsli, keine Ahnung. In der Zeitung lese ich, dass drei Jugendliche in den Inn gesprungen sind, es ist unklar warum. Ich lese, der erste sei aus noch nicht geklärtem Grund hineingesprungen, beim zweiten und beim dritten kann vermutet werden, dass sie hineingesprungen sind, weil sie dem ersten nachgesprungen sind. Der Inn ist ein wilder Fluss, mitgerissenenes Treibgut geht im trüben Wasser unter, taucht wieder auf, lässt sich von der Promenade aus nur schwer verfolgen. Der erste hineingesprungene Jugendliche ist ans Ufer geschwommen, die beiden anderen sind davongetrieben worden mit ungewissem Ausgang.

Ein letztes Mal self-sevice am Bahnhof.

Samstag, 6. Juni 2015

Der Mensch ist was 2

Das Frühstück, wo ist es? Ein Pfeil zeigt von der Rezeption nach hinten, dort ist aber nur der Durchgang zum Innenhof. Ich gehe zurück zum Pfeil, folge ihm erneut nach und bin wieder im Innenhof, Verwirrung. Eine unscheinbare Tür mit nebenmontiertem Kartenleser ist die Lösung des Frühstückrätsels: Ein Eingang, der sich Hotelgästen zur benachbarten Bäckerei öffnet, die von Stefan. Ein kleiner, müder Schritt führt von einem Raum in den anderen, wo sich alles ändert: Dekorierte Wände, Musik und Brotgeruch statt karger Hotelwände mit einem sauberen Hauch von Putzmittel. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Tür hinter mir beim Zufallen verschwindet. Was ist das für eine Welt? Das totale Hotel, in dem man seine Karte nur in den Schlitz neben einer Tür zu stecken braucht und sie öffnet sich hin zu sonstwo, zur Bäckerei von Stefan oder zur Rathaus-Galerie, zur Uni, zum Bahnhof, zum Schlafzimmer, nach Indien, nach Marokko usw. usf.

Verlängerter, Joghurt mit Müsli und Schnippelobst, Croissant (Sind alle Croissants mit Nougart-Füllung, ja, und haben Sie auch welche ohne Nougart, ja, haben wir, gut, dann bitte so eines, bitte gerne Croissant ohne Füllung, einmal), 7,50 Euro. Die Ignoriertem bemerken, dass man an der Theke bestellt, zahlt und – bis auf den Kaffee – sich selbst serviert.

Ich unterhalte mich während eines ausgedehnten Frühstücks, das ich damit begonnen habe, in der Zeitung etwas über die Farbe der Unterhose von Angelina Jolie zu lesen (gelb), über die Ausdehnung der Materie. Wir tauschen unsere Bücher aus, alles sehr nett und freundlich.

An der Uni kann ich in den Gängen keine Regelmäßigkeit in der WC-Anordnung finden: Damen-WC, Damen-WC, Barrierefreies-WC (zugesperrt), Damen-WC. Schließlich entdecke ich gleich zwei WCs im Keller, m&w nebeneinander. Das WC nimmt alles, was man ihm gibt, darüber hinaus alles von allen: beim Herren-WC hat jemand den eleganten Herren im Anzug mit einem Sticker überklebt, auf dem steht, Ich bin für ALLE* offen, *-Referenz: m, w, trans, inter usw.

Ich lasse mir erzählen, dass es gar nicht so viele Vortrags-Einreichungen gab, kaum etwas abgelehnt, alles von allen war willkommen, insofern, einige merkwürdige Vorträge auch.

Ein ironischer Mülleimer nimmt auch alles.

Die Vorträge, alles von allen, alles in allem, interessant und weitgehend gut, trotzdem, wie immer, Hauptgewinn in Conference Bingo gut möglich:

  • der obligatorische Gender-Plenar-Vortrag wird (1) von einer Frau gehalten, die (2) irgendwie komisch angezogen ist.
  • I have two answers, a short one and a long one, and I will tell both.
  • ich ändere das Thema meines Vortrags, den Titel and the language I want to talk.
  • der Vortragende muss jetzt nach Istanbul fliegen.
  • ich habe diesen Vortrag das letzte Mal vor homöopathischen Ärzten gehalten.
  • ein tätowierter Hipster trägt zu Foucault vor.

Beim Mittagessen in der Pizzeria esse ich köstlichen griechischen Salat und neben mir sitzt eine Touristinnenfamilie mit drei kleinen Mädchen, die ihre Pizza teilweise selbst essen und sie teilweise ihren Stofftierhunden verfüttern möchten, die alle Laura heißen. Alle drei Mädchen erschrecken sich bei den Geräuschen der Flugzeuge.

K regt sich immer auf, wenn ich im self-service-coffee-and-more meine Tassen zurückbringe. Ich werde am Nachmittag in einem kleinen und obwohl nicht viele Leute dort sitzen werden, irgendwie hektischen Café einen Kaffee bestellen, und erneut wird es Selbstbedienung sein. Man bestellt an der Theke, trägt den Kaffee selbst nach draußen und gießt dann die Milch, Kaffeesahne, aus diesen kleinen Milchpackungen hinein, die ich nie aufbekomme, die unmöglich aufzubekommen sind, immer reist das Stück Deckel ab und ich tropfe die Milch dann halt langsam aus dem kleinen aufgerissenen Loch in die Tasse mit Kaffee, die am Plastiktablett steht.

Mir wird dämmern, dass es keine Bedienung gibt, wenn an den Tischen keine Menükarten stehen. Bin ich überheblich, wenn ich sage, dass mir das schon lästig ist? Wenn der Kaffee usw. billiger wäre, gut, ist er aber nicht. Die Frage liegt auf der Zunge, ob ich nicht, gern auch gratis auf den Knopf drücken soll, an der Maschine für den Kaffee, und wenn die Thekenbedienung möchte, kann sie mir auch Trinkgeld geben, wenn ich mein Plastiktablett zum Tisch hin- und später dann vom Tisch zurückbringe.

Am Abend frage ich eine Philosophin, ob sie objektive Phänomenologie wirklich ernst nimmt und sie fragt, ob ich sie das jetzt wirklich fragen will und wir einigen uns auf die interessantere Frage, ob jemand vom schon geschlossenen Buffet noch Bier mitgenommen und noch nicht ausgetrunken hat.

Jemand fragt mich, wie er von seinem Smartphone installierte Apps löscht und ich sage, dass man dazu mit dem Finger so lange auf ein Icon hält, bis Lösch-Symbole erscheinen und jemand anders sagt zu mir, das ist sowas von überhaupt nicht Punk, was ich da sage.

Die Häuser ziehen vorbei und traurige Gesichter, die noch trauriger werden staunen, wie schön die Probleme der anderen sind.

Der Mensch ist was

Jemand hat mir erzählt, dass der Flughafen Innsbruck schwierig anzufliegen sei. Das läge an den Bergen, die rundherum zu sehen sind. Ich erinnere mich, dass in Wuppertal das Hotelzimmer vibriert hat, wenn die Schwebebahn vorbeigefahren ist. Hier vibriert alles, wenn ein Flugzeug über das Hotel fliegt, und wenn man beim Fenster steht und nach oben schaut, dann sieht man die ausgefahrenen Fahrwerke der landenden Flugzeuge und deren Lichter vor einem Horizont mit Kirchtürmen und hohen Bergen. Bei den Aufzeichnungen der Vorträge wird man auch den Flugzeugen zuhören können. Manche werden sich sich dazu entscheiden, bei geschlossenen Fenstern zu schwitzen, andere, bei offen zu schwitzen.

Am Abend findet ein großer Empfang statt und griasch di, I kim wohl aus Tirol, sagt mir dort ein Student, der zwar wohl aus Tirol kommt aber in der Schweiz studiert, Theologie, und über das Böse vortragen wird. Wir stehen gemeinsam in der Buffetschlange und ich frage ihn, was das Böse ist und er sagt mir, das Böse ist das, was die größtmögliche Distanz zum Guten hat und alles was es gibt, sind Variationen des Bösen. Die Buffetbedienung fragt, ob wir Lachstörtchen haben möchten oder Schweinefleisch mit Pilzen oder panierte Garnelen oder Schnitzel und wenn, wie viele davon und ich sage, ja gerne und der Theologe schaut entsetzt und bittet um die Spinatlasagne mit etwas Reis.

Ich sage, dass ein anarchistisches Buffet vielleicht besser wäre, oder zumindest schneller und ein Philosoph sagt zu mir, dass das bestimmt Strategie ist, das Hundstrogprinzip. Wenn man gefragt wird, was man essen möchte, ist man höflich, und gibt nicht zu, dass man vier Schnitzel will, sagt höflich, man möchte eines haben oder bittet höflich und zwei und will sich dafür schon entschuldigen.

Eine unbeantwortete Frage ist: Was ist die Methode der Philosophie? Beobachten? Schlussfolgern? Argumentieren? oder was? Man stelle sich vor, dass die Geographen nur noch die Landschaft anschauen, und dass die Verhaltensforscher nur noch Verhalten beobachten, und dass die Informatiker nur noch auf Gadgets tippen. Aber es ist auch so: wer lange genug an der Universität herumgeistert, entwickelt einen methodischen Alltagshabitus. So kann ich (ich schreibe die Geschichte erneut), wenn ich nicht weiß, wo die Konferenz stattfindet, den Leuten nachgehen, die sich irgendwie merkwürdig fortbewegen und leicht unbeholfen versuchen, sich an nichtssagenden Schilden oder Plakaten für beliebige Veranstaltungen und dergleichen zu orientieren. Das ist zuerst amüsant und kann dann langweilig werden, wenn man sich am Abend beim Umtrunk trifft, dort aber nicht miteinander redet, sondern argumentiert.

Samstag, 11. April 2015

Mein Aufenthalt im Hotel findMe

Das Essen war sehr köstlich und das Zimmer geschmackvoll eingerichtet. Das ideale Hotel für mich, meine Familie und meinen Hund: http://hotel-findme-klagenfurt.blogspot.co.at/